SPANIENS GOLDENE ZEIT
Die Ära Velázquez in Malerei und Skulptur
Kunsthalle München
25. November 2016 – 26. März 2017
WERBUNG / unbeauftragt
Ich möchte es mal so ausdrücken: Eigentlich stehe ich nicht auf diese altertümliche, sakrale Kunst aus dem 16. bis 17. Jahrhundert.
Auf Madonnen- und Heiligendarstellungen al la Jean Paul Gaultier *klick und Pierre & Gilles *klick allerdings schon! Diese neuzeitlichen Künstler ließen sich aber vielleicht wie ich, von der Kunst faszinieren & inspirieren, die es derzeit in der Kunsthalle zu sehen gibt.
Selbst bei diesem etwas „verstaubten“ Thema – zumindest in den Augen der jüngeren Kunstbegeisterten, die wohl eher die Kunst des MUCA Museums *klick bevorzugen – schafften es die Kuratoren der Kunsthalle München – in gewohnt gekonnter Weise – die Ausstellung so zu konzipieren, daß jeder Besucher, egal welchen Alters und Geschmacks, von einer gewissen Begeisterung erfasst werden kann – vorausgesetzt er lässt dies zu, indem er überhaupt Willens ist, einen Blick hinein zu werfen.
Der Altersdurchschnitt lag, wie schon erwartet, an dem Nachmittag meines Besuchs, bei ca. 60 Jahren. Was eigentlich extrem schade ist. Ich fragte mich, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, auch das junge Publikum anzuziehen, denn 20-Jährige suchte man vergebens.
Mich persönlich bekamen sie allerdings auch nur deshalb in ihre „heiligen“ Hallen – und das wirklich in doppeltem Sinne ;o) – weil ich mir zum Einen bei meinem Engagement für die Hundertwasser-Ausstellung *klick im Buchheim Museum schwor, jeglicher Kunst zukünftig ohne Vorbehalt und Vorurteilen zu begegnen. Zum Anderen dank einer guten Social-Media-Dame, die ihren Job bei Facebook wirklich hervorragend macht und einen Post online stellte, in dem sie eine Abbildung der „Mater Dolorosa“ von Pedro Roldán (1670 – siehe Aufmacherbild meines Berichts) mit der weinenden Madonna „Glass Tears“ von Man Ray (1932) verglich und damit andeutete, wie sehr die Kunst aus längst vergangenen Zeiten, Künstler bis in die heutige Zeit zu beeinflussen vermag. Aus diesen zwei Gründen, wollte ich selbst sehen ob es mich „packt“. Und siehe da: das tat es!
Was mich an dieser Ausstellung extrem faszinierte, waren vor allem die Skulpturen.
Es gibt fantastische Gemälde von Malern mit Weltruhm, wie Velázquez und El Greco zu sehen; für den, der es mag, mit Sicherheit ein absolutes Highlight. Ich möchte mich in meinem Blog allerdings speziell auf das konzentrieren, was mir besonders ins Auge fiel oder mein Interesse weckt Euch hier zu präsentieren und das waren eindeutig die lebensgroßen, eindrucksvollen Figuren, die das Leiden Jesus und weiterer Märtyrer so realistisch darstellten, dass einen das pure Grausen überkam.
Was übrigens ganz im Sinne der damaligen Zeit und katholischen Kirche war, welche mit diesen lebensechten, sakralen Skulpturen und dieser naturalistischen Wiedergabe, den Betrachter so emotional wie nur möglich ansprechen wollte, um so deren Glauben zu stärken. Durch das Trienter Konzil (1545 bis 1563) wurden neue Richtlinien für die künstlerischen Werke und Glaubensinhalte festgelegt, welche dieses traurige Bild von büßenden, gemarterten Märtyrern erschuf und so den absoluten Gehorsam und die Unterwerfung des menschlichen Individuums an Staat und Kirche einforderte.
Wie traurig – kommt es mir da in den Sinn – Jesus Christus nicht darzustellen, wie er uns das Leben und die Liebe zu allen Lebewesen lehrt, sondern nur zu zeigen, wie grauenvoll er für uns starb. Das ist wohl kaum die Botschaft, die er uns bis heute hinterlassen wollte. Ich frage mich oft, ob er gewollt hätte, dass das Bild seines gefolterten, blutüberströmten, ans Kreuz geschlagenen Körpers seine Religion und Botschaft für die Zukunft verkörpert, anstatt sein lebendiges Bild, indem er Wein und Essen an die Menschen verteilt und allen seine Botschaft der Nächstenliebe verkündet.
Ein Hoch auf die heutige Zeit, in der wir wieder selbst denken und zurückkehren dürfen zu einem Jesusbild, das uns den lebendigen Menschen Jesus näher bringt, nicht nur den toten, für unsere Sünden freiwillig büßenden Gottessohn.
Mein Tipp: Einfach mal vor einzelnen Bildern etwas länger verweilen und die kleinen wunderbaren Details auf sich wirken lassen! Ein paar davon habe ich Euch unten in meine Galerie eingestellt.
Mein Fazit: Eine sehenswerte Ausstellung, die auch ich selbst beinahe nicht angesehen hätte. Die gekonnte Themen- und Farbzusammenstellung in den einzelnen Räumen lässt die Kunst des alten Spaniens zu einem wirklichen Hingucker werden.
Mein Gruß an die Kunsthalle München: Macht weiter so! Ich freue mich enorm auf Peter Lindbergh – auch die Jüngeren werden wieder in Strömen in die Kunsthalle laufen. Die Kuratoren könnten die Fotografien ohne jedes Konzept an weiße Wände hängen; sie wird zweifelsohne ganz von selbst und ohne großes Zutun, ein spektakulärer Erfolg werden!
Die jetzige Ausstellung hingegen so faszinierend und spektakulär – mit den eigenen zur Verfügung stehenden Mitteln dieser in vielen Augen etwas „spröden“ Kunst – zu präsentieren, ist dagegen eine echte Herausforderung an die Museums-Macher! Wieder einmal wurde von der Kunsthalle bewiesen, dass sie zurecht und unangefochten meine Nummer 1 der Münchner Museen darstellt.