DU BIST FAUST
Kunsthalle München *klick
23.2. bis 29. Juli 2018
Unbezahlte WERBUNG
Ich gebe ehrlich zu kein Kenner von Goethes Faust zu sein. In der Schule ging diese Lektüre irgendwie an mir vorbei. Um mein Wissen über dieses Werk aufzufrischen, gestehe ich Euch, mir einfach die genial gelungene, 9-minütige Schnell-Variante einer Playmobil-Inszenierung „FAUST TO GO“ angesehen zu haben *klick.
Mit dieser Ahnung von Faust ging ich dann auch in die Bloggerführung der Kunsthalle.
„Banalität passiert schnell“, sagt Philipp Fürhofer, der Ausstellungsgestalter & grandiose Leiter unserer Bloggerführung durch die Ausstellung. Und genau aus diesem Grund richtet er seinen Schwerpunkt vor allem auf die Kunst.
Der Dramaturgie von FAUST 1 folgend, zeigt er die Kunstwerke passend in chronologischer Abfolge. Er nimmt uns mit auf eine bebilderte Reise durch das weltbekannte deutsche Drama.
Inszenierung
Mit der derzeitigen Faust-Ausstellung schafft es die Kunsthalle wieder einmal mehr, den Flair und die Raffinesse einer Ausstellungs-Inszenierung zu erbringen, die diese Münchner Institution bei den Besuchern so beliebt und unvergesslich macht.
Ebenso wie bei „Gut. Wahr. Schön.“, der letzten Ausstellung des Hauses, setzt diese überwiegend wieder auf Kunst des 19. Jahrhunderts. Bis auf farbige Wände war in „Gut. Wahr. Schön.“ allerdings nicht so viel zu sehen von der besonderen Art der Ausstellungs-Darbietung, die wir Münchner von der Kunsthalle fast schon voraussetzen. Dort brillierten ausschließlich die Meisterwerke aus dem Pariser Musée D‘Orsay. Diesmal gelingt der Kunsthalle wieder der bevorzugte Spagat aus Inszenierung UND besonderen Exponaten, die diesen Kunstort auszeichnen und von allen anderen abheben.
Der verantwortliche Bühnenbildner & Ausstellungsgestalter Philipp Fürhofer überlegte sich hierfür diese wundervolle Dramaturgie der Räume. Er führt auch Faust-Nichtkenner problemlos und andächtig durch das eigentlich sehr komplexe Thema und vereinfacht es auf besondere Weise, ohne es zu banalisieren. Die Ausstellung zeigt uns in eindringlicher Weise das tragische Schicksal Faust und Gretchen‘s: Von der Verführung, über die Liebesgeschichte, hin zum bitteren Ende.
Mit wunderbar ausgewählten, wandgroß dargestellten Stumm-Film-Szenen & Gemälden zeigt er uns den tragischen Verlauf der Liaison bis zur Kindstötung und die darauf folgende Bestrafung durch die Hinrichtung Gretchens. Inspiriert hat Goethe dafür übrigens eine wahre Straftat seiner Zeit, die ihn nicht mehr los lies und die er so in Faust verarbeitete. So wurde aus der Akte Margaretha Brandt, welche ihr gerade geborenes Baby mit einer Schere erstach und 1772 dafür hingerichtet wurde, das Gretchen in Goethes Welt-Literatur. Er setzte mit ihrer Geschichte somit ein bis heute anhaltendes Mahnmal menschlicher Sünde.
Exponate
Die wenigen zeitgenössischen Werke setzen auf bekannte Namen wie Robert Mapplethorpe, Karl Lagerfeld, Anselm Kiefer und Sigmar Polke. Wobei die kurz vor Ausstellungsbeginn erst fertiggestellte Skulptur des Londoner Künstlers Marc Quinn (rechtes Bild unten) zu einem meiner persönlichen Favoriten-Exponate wurde. Die Kunsthalle überspielt die Tatsache der etwas zu kurz gekommenen Moderne gelungen mit der Darbietung von Ausschnitten großartiger Filme wie MEPHISTO mit Klaus Maria Brandauer und ZEIT DER UNSCHULD von Meisterregisseur Martin Scorsese. Nicht vergessen zu erwähnen möchte ich, die das Publikum überraschenden Spiegelhologramme bekannter deutscher Schauspieler (Werner Wölbern, Andrea Wenzl und Bibiana Beglau), die in einer Video-Installation von Albert Ostermaier Faust-Texte rezitieren.
Specials
Bleibt noch zu erwähnen: Wir kennen auch diesmal die Räume der Kunsthalle nicht wieder. In jeder Ausstellung wirkt es auf mich, als wären sogar die Mauern neu eingezogen worden. Das Augenmerk der Kuratoren ging bis ins kleinste Detail; so wurden extra Tapeten entworfen und produziert, um jeden der Räume in seine eigene charakteristische Note zu tauchen. Ein Großteil der Besucher geht vermutlich achtlos daran vorbei; seht einfach genauer hin, auf die dunkelblauen Universums-Genetik-Welten im Faust-Raum, die in dunkelrot gehaltenen Ornamente der Verführung in denen die Protagonisten des Stücks zu erkennen sind oder die elegante Streifentapete in modernerer Anmutung, jedoch nachempfunden zur Darstellung des privaten Musik-Zimmers jener Stilepoche.