Museum der Moderne Salzburg
YINKA SHONIBARE CBE
End of Empire
& Tell Me What You See. Skrein Photo Collection
Museum der Moderne Salzburg
Yinka Shonibare CBE bis 12.09.21
Skrein Photo Collection bis 17.10.21
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Ein Beitrag von Boris Udina
Der Stoff, den Kolonialisten fürchten …
Kennt Ihr Yinka Shonibare CBE RA? Wir bislang nicht.
Mist, er zählt zu den bedeutendsten und vielseitigsten Künstlern Großbritanniens. Ok, man kann ja nicht alles wissen, aber schnell wird deutlich, er ist ein Künstler, dessen Werk und Botschaften man als weltoffener Mensch, zumal Schreiberling für diesen Kunstblog, schlichtweg nicht schlecht finden darf. Ob es bei all dem Hintergründigen jedoch auch vordergründig Spaß macht, seine Skulpturen und Bilder anzuschauen und was hinter CBE, MDE und RA steckt, erfahrt ihr … jetzt!
END OF EMPIRE
– lautet der Ausstellungstitel und setzt der eignen Fantasie damit zunächst einmal Grenzen. Es geht, richtig vermutet, um das Erbe des ehemaligen Britischen Weltreichs und des westlichen Kolonialismus, seinen unrühmlichen Spuren und Folgen für Rollenbilder, Welt- und Körperdarstellungen. Da wir uns bei Claudine liebt Kunst ja der Ehrlichkeit verpflichtet haben, muss man zugeben, dass einen das Thema heute in etwa so berührt wie die Prohibition in den USA. Eine gewisse Betroffenheit stellt sich ein, natürlich, ebenso die Klarheit, dass man über ein gesundes Halbwissen verfügt, aber es ging uns zumindest nicht so, dass uns dieses Ausstellungsthema magnetisch angezogen hat. Aber die Wege, ähm, der Kunst sind eben unergründlich …
Sonntag, 25 Grad: Zunächst mehr Sehnsucht erzeugt der Blick auf das Museum der Moderne Salzburg auf dem Mönchsberg aus der wunderbaren Altstadt, zumal sich Salzburg im Sonnenschein eh von seiner besten Seite zeigt. Einen unvergesslichen Blick über die Mozartstadt, Sonnenschirme, ein kühles Getränk plus Designbau, dem kann man sich kaum entziehen, also raufgekraxelt, naja, eher ein paar Treppen raufgestiegen, statt den Aufzug zu nehmen. Macht also Sinn.



Oben angekommen, erinnert das Gebäude ein wenig an die Pinakothek der Moderne in München. Breite Treppen, Sichtbeton, architektonisch gelungene Freiflächen und zudem der wohlige Klang von ausgesuchter Loungemusik, den wir in der Pinakothek vermissen – hier sind wir richtig.
Ein gut sortierter Museumsshop, nette Menschen (wir erinnern uns, wir sind in Österreich, wo man uns Deutsche so richtig lieb hat) und 8 Euro regulärer Eintritt, das ist ein guter Start in die Ausstellung. Doch was gibt’s eigentlich zu sehen?
Die Ausstellung Tell Me What You See. Skrein Photo Collection, so lernen wir im ersten Stock, zeigt bis 17.10.2021 Fotos, die wichtige Momente der Menschheitsgeschichte –thematisch strukturiert und eindrucksvoll zurückhaltend präsentiert – dem Auge darreichen.
Ohne Glanz und Gloria, Pomp oder Subjektivismus durch Makro-Bilder. Von Iwo Jima bis zu Armstrongs Fußabdruck auf dem Mond: Weltweit bekannte Ikonen der Fotografie, die dem Schnappschuss einen eigenen Kunstraum bieten. Geordnet werden die Bilder nach assoziativen Begriffen.
Viele Deja vu’s und einige Momente, in denen man sich schämt, weil man diesen oder jenen wichtigen Foto-Moment noch nie bewusst registriert hat weiter, steigen wir (der 2. Stock wird gerade umgebaut) ins 3. Stockwerk zu Yinka Shonibares Ausstellung End of Empire.
Ein wenig eingelullt in schwelgenden Erinnerungen stutzen wir beim Anblick dieser architektonischen Weite und der kulturellen Identität, der sich der Besucher nicht entziehen kann. Dutch Wax Stoffe als seine künstlerische Signatur wohin das Auge reicht, Skulpturen und Bilder, an denen man nicht einfach vorbeigehen mag. Der britisch-nigerianischer Künstler hat uns auf den ersten Blick neugierig gemacht.
Wer ist dieser Mann, den vor allem die britische Kunstwelt so verehrt?
Wikipedia und das glänzend wie komprimiert, die im besten Feuilleton-Sprachduktus verklausuliert-formulierte Ausstellungsbroschüre helfen weiter: Da steht (bei Wiki): Yinka Shonibare, CBE, in London am 9. August 1962 geboren, ist ein britisch-nigerianischer Künstler, der vor allem durch die Arbeit mit Dutch Wax bedruckten, farbenprächtigen Baumwollstoffen bekannt geworden ist. Dann das perfekte Story telling, das meist aus der Feder einer Agentur stammt: Er entdeckte durch einen Zufall auf dem Brixton Market in London, dass die Dutch Wax Stoffe, aus denen ein professioneller Kostümbildner die viktorianische Kleidung für ihn herstellt, ursprünglich von den Niederländern entdeckt wurden. Soso.
Wie auch immer, der Künstler ist aus- und vom Leben gezeichnet: Seit 2005 führt er den Titel MBE (Member of Order of the British Empire). Im Alter von achtzehn Jahren erkrankte er an Transverser Myelitis und ist als Langzeitfolge davon einseitig gelähmt. Er studierte Malerei an der Byam Shaw School of Art, jetzt Central Saint Martins College of Art and Design und an der Goldsmiths, University of London. Shonibare wurde 2002 von Okwui Enwezor zur Documenta 11 eingeladen. Dort stellte er sein Werk Gallantry and Criminal Conversation aus, was für ihn den internationalen Durchbruch bedeutete. Er gehört zu den Young British Artists und hat als künstlerische Ausdrucksmittel Skulptur, Fotografie, Installation, Malerei und Film gewählt. Und was hat es mit CBE und RA in seinem Titel auf sich? 2019 wurde er zum Commander of the most exellent order of the British Empire ernannt, neuerdings hat er seinen Namen mit RA erweitert, was bekanntlich für Member of the Royal Academy of Arts steht.
Selbst einzelne Objekte auch nur ansatzweise umfassend hintergründig in einem Blog darzustellen, sprengt bei Shonibare jeden Rahmen und benötigt eine historische Kenntnis, die man sich Stück für Stück erarbeiten muss, will man Shonibare verstehen. Man muss seine Kunst spüren und gesehen haben. Wie er komplexe Themen wie hybride Identitäten, Kolonialismus und Machtstrukturen mit einer tatsächlich einzigartigen Ironie aufgreift, ist zeitraubend-schön. Das seht ihr hier in einer Auswahl an Bildern, die uns das Museum der Moderne Salzburg freundlicherweise zur Verfügung stellte.
Bis 12. September habt ihr die Chance, diese Ausstellung zu besuchen. Nehmt euch die Zeit, auch für das Restaurant und den Blick auf Salzburg. Ihr werdet die Zeit genießen!
Grüße, Boris