THOMAS STRUTH
FIGURE GROUND
HAUS DER KUNST *klick
München
05. Mai bis 17. September 2017
UNBEAUFTRAGTE WERBUNG
Eines gleich vorneweg:
FIGURE GROUND ist eine erstklassige Ausstellung!
Und genau diesem Umstand plus einer Einladung in die kuratierte Siemens-Dauerausstellung COORDINATES – A CURATED SIEMENS HISTORY *klick von Thomas Struth im nahe gelegenen Palais Ludwig Ferdinand ist es zu verdanken, dass dieser Text doch in meinem Blog Einzug hielt – trotz des Museums-Verbots zu fotografieren, das mich als Bloggerin eigentlich nicht dazu animiert einen Beitrag zu posten. Ich verband trotzdem kurzerhand den Besuch bei Siemens mit dieser Thomas Struth-Ausstellung im HAUS DER KUNST.
Wenn dieser Artikel also nach „Bleiwüste“ aussieht und Euch weniger zu Lesen anmacht als meine sonstigen Beiträge, liegt das am Fotografier-Verbot, nicht an mir. Ich versuche trotzallem mein Bestes, Euch auf den Geschmack zu bringen, in der nächsten Zeit bis zum 17. September dort vorbeizuschauen! Denn es lohnt sich!
Diese Ausstellung lebt von spektakulären, großformatigen Fotografien, die jedem Geschmack etwas bieten können; doch vor allem die Qualität dieser Bilder ist wirklich einzigartig.
Struth’s Fotografien zeigen kurz zusammengefasst seine Faszination für Technik, Mensch & Natur; allerdings nicht in Kombination, sondern getrennt voneinander betrachtet. Und so wurden diese „Werkgruppen“ in den verschiedenen Museums-Räumen getrennt voneinander aufgehängt. Ich möchte nur einige hervorheben, die mich besonders beeindruckten:
Technoide Motive
Zukunftstechnologie, medizinische Forschung, künstliche Intelligenz sind die Motive der seit 2007 entstehenden Werkgruppe. Technoide Motive stehen den menschlichen gegenüber. Er bearbeitet mit diesen seine Frage nach den Grenzen der Technologie und deren Abbildbarkeit.
Familienportraits
Mit Großbildkamera und Stativ entstanden, sind sie das ausdrucksstarke Ergebnis von konstruiert wirkenden Sitzungen, die dennoch den Abgebildeten den nötigen Raum für Individualität lassen oder sogar unterstreichen! Erste Werke zu diesem Thema entstanden Mitte der 80er Jahre. Eines der bekanntesten Bilder darunter ist wohl das von Queen Elisabeth II und ihrem Mann.
Museumsfotografie
Audience
Wir sehen einen kleinen Ausschnitt dieser Bilderserie auf den Ausstellungsplakaten.
Habt Ihr Euch auch schon einmal gefragt, was dieses Plakat uns eigentlich zeigt?
Die großformatigen Fotografien mit dem Titel „Audience“ hängen mit Drahtseilen direkt aneinandergesetzt und ergeben so eine lange raumfüllende Reihe von Menschen, die scheinbar auf ein Kunstwerk blicken. Sie sind so fasziniert davon, dass sie scheinbar die Welt um sich herum vergessen. Eine künstlerische Arbeit, die als Hommage zum 500. Geburtstag des DAVID von Michelangelo in Florenz entstand (2004 von Franca Falletti initiiert, der Direktorin der Galleria dell’Accademia) – was uns klar werden lässt, welches Kunstwerk das Objekt der Begierde sein muss, das wir auf keinem der Fotografien zu sehen bekommen.
Die Kamera nimmt nur den Betrachter auf, nicht das Kunstwerk selbst. Und nur anhand der Blicke der Menschen und an deren Reaktion erahnen wir, dass es ein großartiges sein muss! Dieses Abbild einer gewissen geistigen Versunkenheit so vieler Betrachter, belegt die Wirkung dieser Skulptur, die über 500 Jahre hinweg niemals an Kraft verlor! Die Augen der Fotografierten nach oben wie gen Himmel gerichtet, verdeutlichen uns die Größe des nicht gezeigten Objekts. Jetzt wissen wir, es ist die riesige David-Skulptur!
Wilde Natur
New Pictures from Paradise
zeigen Wälder, Regenwälder und Dschungel in Japan, Australien, China, Brasilien und Peru. Die Motive sind formatfüllend, um rein für das sinnliche Erfassen dieser natürlichen Schöpfung zu sorgen. Was ihm damit durchaus gelingt!
Eigentlich empfinde ich alle Fotografie-Werkgruppen als „tote“, in sich „starre Bildwelten“ – was aber jetzt negativer klingt, als es ist. Thomas Struth’s Stillleben – das Wort sagt es ja schon: Still Leben – bekommen dadurch einen ganz besonderen Reiz und ein gewisses Etwas; eine unergründliche Tiefe.
Bis auf die Werke von „Paradise“. Sie lassen mich durchatmen und ich verlasse diese Ausstellung gerne mit dem letzten Blick auf das unbändige, nicht „strukturierbare“ Medium NATUR.
Mein Fazit zum Schluß:
Peter Lindbergh *klick, den ich ebenfalls sehr schätze, sagte während der Pressekonferenz zu seiner Ausstellung in der Kunsthalle: „Professionelle Fotografen können sich heute nur noch durch einen eigenen Standpunkt auszeichnen, den sie über 20/30 Jahre hinweg vertreten, so dass man später sagen kann, er hat für etwas gestanden oder etwas bewirkt. Er kann nie besser fotografieren als die Millionen Smartphones.“
Doch, Thomas Struth kann!
Übrigens: Besonders schön finde ich auch die Moodboards, welche in der Ausstellungs-Mitte präsentiert werden und uns die Entwicklung seiner Motive, seine Gedankengänge & Inspirationen durch viele kleine gesammelte Preziosen – Schallplatten, Briefe, Skizzen und Fotos– näher bringt.
Meine ganz persönliche Empfehlung: Geht erst durch den mittleren Raum (Technik & Moodboards), dann durch die rechte Seite vom Haupteingang aus gesehen (Museumsfotografie & Familienportraits) und dann von hinten (Audience) durch die linken Räumen zurück, so dass Ihr mit dem Raum „Paradise“ den Letzten betretet.
Ich persönlich finde es sehr schön, mit dem „lebendigen“ Bild der Wälder die Ausstellung zu verlassen.